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Taxation and Customs Union

Sonderregelungen

Unter bestimmten Umständen gelten in einigen EU-Ländern zur Eindämmung des Verwaltungsaufwands vereinfachte Mehrwertsteuervorschriften.

Sonderregelung für

In jedem EU-Land?

Geltungsbereich

Art der Regelung

Kleinunternehmen

NEIN

Kleine Unternehmen

Vereinfachte Modalitäten der Besteuerung und Steuererhebung

Kleinunternehmen

NEIN

Alle kleinen Unternehmen mit einem Umsatz unter einer bestimmten Schwelle

Steuerbefreiungen und degressive Steuerermäßigungen

landwirtschaftliche Erzeuger (Pauschalregelung)

NEIN

Landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche und fischereiwirtschaftliche Betriebe

Steuerbefreiung und Pauschalgebühr zum Ausgleich der Vorsteuer

Reisebüros

JA

Reisebüros und andere Reiseveranstalter

Mehrwertsteuer auf die Handelsspanne

Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände usw.

JA

Steuerpflichtige Wiederverkäufer solcher Waren

Mehrwertsteuer auf die Handelsspanne

Öffentliche Versteigerungen

NEIN

Versteigerer

Mehrwertsteuer auf die Handelsspanne

Anlagegold

JA

Umsätze mit Anlagegold

Befreiung mit Besteuerungsoption

Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen

JA

Lieferungen von nicht ansässigen Unternehmen

Zentrale Anlaufstelle für die Mehrwertsteuerregistrierung und ‑entrichtung

Kleine Unternehmen

Es bestehen drei Sonderregelungen für Kleinunternehmen (Artikel 281–293 der Mehrwertsteuerrichtlinie):

  • Vereinfachte Erhebung und Einziehung der MwSt.
  • Steuerbefreiung
  • Degressive Steuerermäßigungen

Vereinfachte Erhebung und Einziehung der MwSt.

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Kleinunternehmen gemäß Definition der EU-Länder.

Optional für die EU-Länder.

Optional oder verbindlich für Unternehmen (gemäß Festlegung der EU-Länder).

Mehrwertsteuerpflichten für Kleinunternehmen werden vereinfacht.

Jedes EU-Land entscheidet selbst über den Umfang der Vereinfachung, die etwa einen Pauschalbetrag vorsehen kann.

Diese Regelung soll nicht die Steuerlast verringern.

(Artikel 281 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Steuerbefreiung

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter einer bestimmten Schwelle.

Die Regelung gilt nicht für

  • Verkäufe durch Unternehmen mit Sitz in anderen EU-Ländern
  • gelegentliche Wirtschaftstätigkeiten
  • steuerbefreite Verkäufe neuer Fahrzeuge an Kunden in anderen EU-Ländern
  • weitere von den EU-Ländern bestimmte Umsätze.

Optional für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen (diese können wählen zwischen der vereinfachten Regelung und degressiven Steuerermäßigungen, soweit vom betreffenden EU-Land erlaubt).

Kleinunternehmen werden nicht zu Mehrwertsteuerzwecken erfasst, erheben keine MwSt. (und haben auch kein Recht auf Vorsteuerabzug).

(Artikel 283–287 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Degressive Steuerermäßigungen

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter einer bestimmten nationalen Schwelle für degressive Steuerermäßigungen.

Die Regelung gilt nicht für

  • Verkäufe durch Unternehmen mit Sitz in anderen EU-Ländern
  • gelegentliche Wirtschaftstätigkeiten
  • steuerbefreite Verkäufe neuer Fahrzeuge an Kunden in anderen EU-Ländern
  • weitere von den EU-Länder bestimmte Umsätze.

Optional für die EU-Länder.

Verbindlich für Unternehmen.

Die Regeln werden vom jeweiligen EU-Land festgelegt.
Üblicherweise müssen kleinere Unternehmen, die unter diese Regelung fallen (etwa jene, deren Umsatz über der Schwelle für die Befreiung liegt), sich zu Mehrwertsteuerzwecken erfassen lassen.

Sie erhalten eine Befreiung für einen Teil ihrer Umsätze, die mit steigender Umsatzhöhe sinkt (bis der von diesem Land festgelegte Schwellenwert erreicht ist).

So wird die steuerliche Belastung für Unternehmen teilweise verringert.

(Artikel 282–292 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Erzeuger, die den in Anhang VII der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten und von den EU-Ländern näher bestimmten land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehen.

Optional für die EU-Länder.
Optional für Unternehmen.

Die unter diese Regelung fallenden Erzeuger erheben keine Mehrwertsteuer und können keine Vorsteuer zurückerhalten.

Stattdessen stellen sie ihren Kunden auf ihre Erzeugnisse einen Pauschalbetrag („Pauschalausgleich“) in Rechnung.

Die Regelung gilt nur für folgende Kunden: Unternehmen in demselben EU-Land oder nicht steuerpflichtige juristische Personen in anderen EU-Ländern, nicht aber andere unter die Pauschalregelung fallende Erzeuger oder Privatkunden.

Der Pauschalbetrag muss auf einer Rechnung ausgewiesen sein. Dabei handelt es sich aber nicht um Mehrwertsteuer, und er muss nicht an die nationalen Steuerbehörden abgeführt werden.

Der Betrag stellt vielmehr einen ungefähren Ausgleich für die Vorsteuer dar, die die betreffenden Erzeuger nicht wiedererlangen können. Ihre Geschäftskunden hingegen können diese Beträge üblicherweise durch ihre Mehrwertsteuererklärungen wiedererlangen.

Der Ausgleich wird berechnet, indem ein (von der Regierung des betreffenden EU-Landes festgesetzter) Pauschalausgleich-Prozentsatz auf den Wert der unter die Regelung fallenden Erzeugnisse und Dienstleistungen angewandt wird. Weitere Informationen finden Sie in der TEDB – Datenbank "Steuern in Europa".

(Artikel 295–305 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Reisebüros

Die öffentliche Konsultation zur Unterstützung der Evaluierung der Mehrwertsteuerregelung für Reisebüros (Bewertung) fand zwischen dem 25.05.2020 und 14.09.2020 statt. Die einzelnen zur Konsultation eingesandten Antworten können als Rohdaten in dieser Tabelle eingesehen werden. Eine kurze Zusammenfassung zeigt eine knappe Analyse der öffentlichen Konsultation bereit. Teilnehmer an der Konsultatoin hatten auch die Möglichkeit, Positionspapiere einzureichen. Das Evaluierungsprojekt wurde durch einen Evaluierungsbericht abgeschlossen, welchem eine Kurzfassung beigefügt ist.

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Reisebüros und sonstige Reiseveranstalter, die gegenüber den Kunden in eigenem Namen tätig sind, aber durch andere Unternehmen (Steuerpflichtige) bereitgestellte Waren oder Dienstleistungen nutzen.

Reisebüros, die ausschließlich als Vermittler tätig sind, fallen nicht unter die Regelung.

Die Regelung gilt nur für Reisen und Beherbergung in der EU.

Reisebüros, die Pauschalreisen in Länder außerhalb der EU anbieten, sind für diese Umsätze von der Mehrwertsteuer befreit.

Verbindlich für die EU-Länder.

Verbindlich für Unternehmen.

Bei Reisebüros wird nur die mit Pauschalreisen erzielte Gewinnspanne der Mehrwertsteuer unterworfen.

Im Gegenzug dürfen sie keinen Vorsteuerabzug für die von anderen Unternehmen erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen vornehmen.

Alle Umsätze im Rahmen der Pauschalreise werden als einheitliche Dienstleistung behandelt, die im EU-Land der Niederlassung des Reisebüros besteuert wird.

(Artikel 306–310 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Differenzbesteuerung von Gebrauchtgegenständen

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Unternehmen (steuerpflichtige Wiederverkäufer) folgender Waren:

  • Gebrauchte Gegenstände (außer Edelmetalle und Edelsteine)
  • Kunstgegenstände
  • Sammlungsstücke
  • Antiquitäten.

Anhang IX der Mehrwertsteuerrichtlinie

Verbindlich für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen.

Steuerpflichtige Wiederverkäufer, die sich für die Inanspruchnahme der Regelung entscheiden, führen Mehrwertsteuer auf ihre Handelsspanne (Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis) ab. Für die unter diese Regelung fallenden Umsätze wird weder Mehrwertsteuer berechnet noch Vorsteuer abgezogen.

Wenn beim Erwerb oder bei der Einfuhr betreffender Waren Mehrwertsteuer entrichtet wurde (d. h. wenn diese von einem Urheber oder einem Steuerpflichtigen, der die Regelung nicht anwendet, erworben wurden), steht es dem Wiederverkäufer frei, die Regelung auf eine Lieferung der betreffenden Gegenstände nicht anzuwenden.

In diesem Fall gilt die normale Mehrwertsteuerregelung, und sie können Vorsteuer abziehen, wenn für eine Lieferung der Mehrwertsteueranspruch eingetreten ist.

Außerhalb der EU gelieferte Waren sind von der Mehrwertsteuer befreit.

(Artikel 311–325 und 342–343 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

 

Differenzbesteuerung bei öffentlichen Versteigerungen

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

„Versteigerer“ – Veranstalter von öffentlichen Versteigerungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten, die im Rahmen eines Vertrags auf Provisionsbasis für andere Personen/Einrichtungen tätig sind.

Optional für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen.

Waren gelten als an den Versteigerer geliefert, wenn sie bei einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden.

Der Versteigerer stellt dem Käufer eine Rechnung ohne Mehrwertsteuer aus.

Die Besteuerungsgrundlage ist der Rechnungsbetrag des Käufers (Verkaufspreis + Steuern, Abgaben, Gebühren und Nebenkosten) minus (a) und (b):

a) der Betrag, den der Versteigerer dem Auftraggeber schuldet (d. h. der Verkaufspreis abzüglich der Provision des Versteigerers)

b) die vom Versteigerer auf den Verkauf geschuldete Mehrwertsteuer.
Die Buchführung von Versteigerern muss Umsätze ausweisen, die noch nicht endgültig zugewiesen werden können (durchlaufende Posten); dabei sind die fälligen Zahlungen an den Käufer und den Verkäufer auszuweisen und zu belegen.

Außerdem müssen sie dem Verkäufer eine Ausführungsanzeige (Abrechnung über den Verkaufspreis abzüglich ihrer Provision) vorlegen. Ist der Verkäufer ein Unternehmen (ein Steuerpflichtiger), so tritt diese Ausführungsanzeige an die Stelle der Mehrwertsteuerrechnung, die sie dem Versteigerer ausstellen müssen.

(Artikel 333–341 der Mehrwertsteuerrichtlinie)

Differenzbesteuerung von Anlagegold

Was ist Anlagegold?
Für Mehrwertsteuerzwecke werden im Wesentlichen zwei Arten unterschieden:
1) Goldbarren oder -plättchen mit folgenden Merkmalen:

  • von den Goldmärkten akzeptiertes Gewicht
  • Feingehalt von mindestens 99,5 %
  • ggf. durch Wertpapiere verbrieft.

Die Mitgliedstaaten können kleine Goldbarren oder -plättchen (Gewicht höchstens 1 g) von dieser Sonderregelung ausnehmen.
2) Münzen mit folgenden Merkmalen:

  • Feingehalt mindestens 90 %
  • nach dem Jahr 1800 geprägt
  • im Ursprungsland derzeit oder ehemals gesetzliches Zahlungsmittel
  • Verkaufspreis übersteigt üblicherweise den Offenmarktwert ihres Goldgehalts um nicht mehr als 80 %
  • Verkauf gilt als nicht aus numismatischem Interesse (d. h. an Münzsammler) erfolgt
  • Jedes Jahr im Dezember veröffentlicht die Europäische Kommission eine Liste aller Münzen in der EU, die im Folgejahr unter diese Regelung fallen.
  • Hier können Sie nachsehen, welche Münzen in welchem Jahr unter die Regelung fallen (Suchbegriff: Liste der Goldmünzen, die die Kriterien von Artikel 344 Absatz 1 Nummer 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates (Sonderregelung für Anlagegold) erfüllen).

(Artikel 344 der Mehrwertsteuerrichtlinie)
Für diese Regelung gibt es drei Varianten, die nachfolgend erläutert werden.

Variante I – Steuerbefreiung

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Unternehmen (Steuerpflichtige), die Anlagegold herstellen oder Gold in Anlagegold umwandeln.

Verbindlich für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen.

Lieferung, EU-interner Erwerb, Einfuhr sowie Terminkontrakte und im Freiverkehr getätigte Terminabschlüsse, die zur Übertragung des Eigentums an oder eines Anspruchs auf Anlagegold führen, sind üblicherweise ohne Recht auf Vorsteuerabzug von der Mehrwertsteuer befreit, ebenso wie die Dienstleistungen etwaiger Vermittler.

Unternehmen können bei Lieferungen von Anlagegold an andere Unternehmen auf diese Befreiung verzichten (d. h. sich für deren Besteuerung entscheiden).

In einigen EU-Ländern besteht für Unternehmen auch die Möglichkeit, sich für die Besteuerung von für industrielle Zwecke gelieferten Goldbarren oder -plättchen zu entscheiden (bei Wahrnehmung dieser Option muss dies auch etwaigen Vermittlern ermöglicht werden).

Variante II – Umsätze am Goldmarkt

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Unternehmen (Steuerpflichtige), die auf einem geregelten Goldmarkt tätig sind.

Optional für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen.

Bestimmte Umsätze mit Anlagegold mit Kunden sowohl innerhalb als auch außerhalb des Marktes sind befreit.

In einigen EU-Ländern können diese Umsätze besteuert werden. Lieferungen an Kunden in einem anderen EU-Land oder Ausfuhren sind jedoch nicht mehrwertsteuerpflichtig.
Die erfassten Unternehmen können die Aussetzung der auf diese Umsätze geschuldeten Mehrwertsteuer und den Verzicht auf die zugehörigen Aufzeichnungspflichten verlangen.

Variante III – Abzug für Anlagegoldhändler

Erfasste Zielgruppe

Optional oder verbindlich

Funktionsweise

Anlagegoldhändler und Unternehmen (Steuerpflichtige), die Anlagegold herstellen oder Gold in Anlagegold umwandeln.

Verbindlich für die EU-Länder.

Optional für Unternehmen.

Diese Regelung gilt für Umsätze, die nach der allgemeinen Regel steuerbefreit bleiben. Wenn Händler mehrwertsteuerbefreites Anlagegold weiterverkaufen, sind sie jedoch berechtigt zum Abzug der geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer für

  • den Erwerb von Anlagegold von Personen/Unternehmen, die auf die Befreiung nach Variante I verzichtet oder nach Variante II geliefert haben;
  • die erhaltene Lieferung, den EU-internen Erwerb oder die Einfuhr von Gold, das kein Anlagegold ist und anschließend von ihnen oder in ihrem Namen in Anlagegold umgewandelt wird;
  • Dienstleistungen, die in der Veränderung der Form, des Gewichts oder des Feingehalts von Gold, einschließlich Anlagegold, bestehen.

Außerdem dürfen Steuerpflichtige, die Anlagegold herstellen oder Gold in Anlagegold umwandeln, die für die Lieferung, den EU-internen Erwerb oder die Einfuhr von Gegenständen oder mit der Herstellung oder Umwandlung dieses Goldes verbundene Dienstleistungen von ihnen geschuldete oder entrichtete Steuer als Vorsteuer abziehen, so als ob die anschließende steuerfreie Lieferung des Goldes steuerpflichtig wäre.

(Artikel 344–356 der Mehrwertsteuerrichtlinie)