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Taxation and Customs Union

Einheitlichen Mehrwertsteuerraum

Die Europäische Kommission hat am 4. Oktober 2017 eine Reihe wesentlicher Grundsätze und wichtiger Reformen für den Mehrwertsteuerraum der EU vorgeschlagen.

Mit diesem Vorschlag soll das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem verbessert und modernisiert werden, um ...

  • Mehrwertsteuerbetrug und die massiven Einbußen in den Staatseinnahmen, die darauf zurückzuführen sind, zu verhindern
  • das Leben für Unternehmen einfacher zu machen, die ihre Geschäfte im EU-Binnenmarkt zu tätigen beabsichtigen

WIE LAUTET DER VORSCHLAG DER KOMMISSION?

Vorschläge der Kommission:

Die heute vorgestellten Grundpfeiler werden im Jahr 2018 durch einen weiteren Vorschlag ergänzt, in dem detaillierte Bestimmungen für die Durchführung des endgültigen Mehrwertsteuersystems festgelegt werden.

DIE GRUNDPFEILER

Der Vorschlag vom Oktober beinhaltet mehrere Grundsätze oder Grundpfeiler für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem.

  1. Der Grundsatz der Besteuerung grenzüberschreitender Lieferungen von Gütern in der EU am Bestimmungsort. Gemäß diesem Grundsatz wird der Mehrwertsteuersatz des Bestimmungslandes berechnet.
  2. Die Feststellung, dass grundsätzlich der Verkäufer im Fall einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gütern haftbar ist. Der Verkäufer ist also für die Berechnung und Erhebung der Mehrwertsteuer verantwortlich.

Wenn der Käufer aber ein zuverlässiger Steuerzahler, ein sogenannter „zertifizierter Steuerpflichtiger“ ist, ist diese Person für die Entrichtung der Mehrwertsteuer direkt an das Finanzamt des Bestimmungslandes in der EU verantwortlich.

  1. Die zentrale Anlaufstelle wird erweitert. Unternehmen wird die Möglichkeit gegeben, Erklärungen, Zahlungen und Abrechnungen für grenzüberschreitende Lieferungen von Gütern über ein einheitliches Online-Portal vorzunehmen, so wie es bereits bei der Erbringung von e-Services gehandhabt wird.

Die Mitgliedstaaten zahlen die Mehrwertsteuer dann direkt aneinander, so wie es bereits bei der Erbringung von e-Services gehandhabt wird.

(Bild zur Vergrößerung anklicken)

Weitere Informationen zur zentralen Anlaufstelle sind im Informationsblatt (auf English) zu finden.

SOFORTMASSNAHMEN

Die Kommission stellte auch vier Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der täglichen Funktionsweise des gegenwärtigen Mehrwertsteuersystems vor, bis das endgültige System vollständig vereinbart und umgesetzt wurde.

  • Vereinfachung von Mehrwertsteuervorschriften für Unternehmen, die Güter von einem in einen anderen Mitgliedstaat transportieren, um diese dort zu lagern, bevor sie an einen vorab bekannten Kunden geliefert werden. Die beschriebene Situation wird als „Abruf aus einem Konsignationslager“ bezeichnet. Diese Vereinfachung gilt nur für zertifizierte Steuerpflichtige – dieser Begriff wird im nachfolgenden Abschnitt genauer erklärt;
  • Vereinfachung für Reihengeschäfte, bei denen die Lieferung festgestellt wird, mit der der innergemeinschaftliche Transport von Gütern verknüpft wird. Diese Vereinfachung gilt nur für zertifizierte Steuerpflichtige;
  • Vereinfachung des Nachweises für die Beförderung von Gütern zwischen zwei Mitgliedstaaten, der für die Beantragung der Mehrwertsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen erforderlich ist. Diese Vereinfachung gilt nur für zertifizierte Steuerpflichtige;
  • Klarstellung, dass zusätzlich zum Nachweis für die Beförderung die im elektronischen MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) verwendete MwSt-Nummer der Handelspartner erforderlich ist, um die grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbefreiung im Rahmen der gegenwärtigen Vorschriften anzuwenden.

EIN NEUER BEGRIFF: „ZERTIFIZIERTER STEUERPFLICHTIGER“

Unternehmen können bei ihrer nationalen Steuerbehörde einen Antrag stellen und ein zertifizierter Steuerpflichtiger werden, wenn die Einhaltung vorab festgelegter Kriterien nachgewiesen wird. Diese sind u. a.:

  • regelmäßige Steuerzahlungen
  • interne Kontrollen
  • Nachweis der Zahlungsfähigkeit

Sobald das Unternehmen zertifiziert wurde, gilt es als zuverlässiger Steuerzahler.

Der zertifizierte Steuerpflichtige und die Unternehmen, mit denen dieser Geschäfte macht, genießen eine Reihe vereinfachter Verfahren für die Erklärung und Zahlung der grenzüberschreitenden Mehrwertsteuer.

Der Status als zertifizierter Steuerpflichtiger wird von allen EU-Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt.

WARUM DIE MEHRWERTSTEUERREFORM JETZT ERFORDERLICH IST

  • Die EU-Länder verlieren jedes Jahr bis zu 50 Milliarden EUR aufgrund von grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug. Dieses Geld könnte in Schulen, Straßen, Krankenhäuser und andere öffentliche Dienste reinvestiert werden.
  • Es ist bekannt, dass die Betrüger dieses Geld stattdessen für die Finanzierung krimineller und möglicherweise sogar terroristischer Aktivitäten einsetzen.
  • Das Mehrwertsteuersystem muss betrugssicherer gestaltet werden, um die Staatseinnahmen zu schützen.
  • Das Leben muss vereinfacht werden, besonders für kleinere Unternehmen, die gegenwärtig unter Hindernissen für den Vertrieb im Binnenmarkt leiden.

NÄCHSTE SCHRITTE

Die Vorschläge werden dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Beratung sowie dem Rat zur Zustimmung vorgelegt. Sie bedürfen der einstimmigen Zustimmung aller Mitgliedstaaten im Rat, bevor sie in Kraft treten können.

Die Vorschläge sind ein erster Schritt eines langfristigen Plans zur Modernisierung des Mehrwertsteuerraums.

Die nächsten geplanten Schritte sind ...

November 2017

  • Vorschlag für ein modernisiertes System zur Festsetzung der Mehrwertsteuersätze, das den Mitgliedstaaten eine höhere Flexibilität hinsichtlich der Mehrwertsteuersätze bietet.
  • Vorschlag zur Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten für einen schnelleren Informationsaustausch und eine erweiterte Zusammenarbeit.
  • Vorschlag zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer für KMU, indem besondere Mehrwertsteuerregelungen für kleinere Unternehmen aktualisiert werden.

Frühjahr 2018

  • Vollständige technische Anpassung der Mehrwertsteuerrichtlinie, damit den erforderlichen Änderungen für die praktische Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems gemäß dem Vorschlag der Kommission Rechnung getragen wird.

Im Jahr 2022

  • Inkrafttreten des einheitlichen Mehrwertsteuerraums der EU, sobald dieser vereinbart wurde.

MEHRWERTSTEUERBETRUG – EIN PROBLEM, DAS ALLE BETRIFFT

Wie funktioniert Mehrwertsteuerbetrug?

Wenn ein Unternehmen die Mehrwertsteuer vom Käufer eingezogen hat und diesen Betrag nun nicht pflichtgemäß an die Steuerbehörde zahlt, sondern stattdessen abgewickelt wird und sein Eigentümer oder Geschäftsführer das Geld unterschlägt, liegt ein Mehrwertsteuerbetrug vor.

Wenn das Unternehmen die erworbenen Güter im eigenen Mitgliedstaat gekauft hat, hat es beim Kauf Mehrwertsteuer entrichtet. Daher beschränkt sich der Betrug auf den Unterschied zwischen der MwSt, die beim Kauf der Güter gezahlt wurde, und der MwSt, die beim Verkauf eingezogen wurde.

Es steht deutlich mehr Geld auf dem Spiel, wenn das Unternehmen Güter aus einem anderen Mitgliedstaat kauft, da dieser Kauf mehrwertsteuerbefreit ist. Wenn das Unternehmen die Güter dann verkauft, erhält es Mehrwertsteuer und verfügt daher über die gesamte Mehrwertsteuer.

So kann im Verhältnis mehr Geld gestohlen werden.

Da das Unternehmen danach verschwindet, wird diese Betrugsart auch als Betrug durch verschwundene Händler bezeichnet.

Karussellbetrug geht noch darüber hinaus. In diesem Fall werden dieselben Güter durch den Betrüger über Mittelsmänner mehrmals gekauft und erneut verkauft.

Der eingezogene Mehrwertsteuerbetrag erhöht sich jedes Mal und das Unternehmen wird aufgelöst, bevor die Steuerbehörde die aufgelaufene Mehrwertsteuer einziehen kann.

Die Bezeichnung „Karusselbetrug“ spielt auf den Umstand an, dass dasselbe Produkt mehrere Male zwischen verschiedenen Beteiligten rotiert, bevor die Betrüger verschwinden.

Eine ausführlichere Erklärung, wie Mehrwertsteuerbetrug funktioniert und wie der neue Vorschlag das System betrugssicherer macht, finden Sie im MEMO.

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