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Taxation and Customs Union

Grenzgänger

Hintergrund

Nach dem EG-Vertrag haben Privatpersonen das Recht, sich im Zusammenhang mit der Aufnahme oder zur Ausübung einer Beschäftigung in andere EU-Mitgliedstaaten zu begeben, ohne in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen diskriminiert zu werden. Grenzgänger sind Personen, die in einem Mitgliedstaat arbeiten, ihren Wohnsitz jedoch in einem anderen Mitgliedstaat haben. Die genaue Definition des Begriffs "Grenzgänger" kann aber z.B. unter steuer-, niederlassungs- und sozialrechtlichen Aspekten unterschiedlich sein.

Es gibt zwar Gemeinschaftsvorschriften in Bezug auf die soziale Sicherheit von Grenzgängern ...

Was die soziale Sicherheit anbelangt, so ist in Rechtsvorschriften der Gemeinschaft geregelt, wer als Grenzgänger in welchem Mitgliedstaat Anspruch auf Sozialleistungen hat. Die einschlägigen Gemeinschaftsregelungen betreffen sowohl abhängig Beschäftigte als auch Selbständige.

... aber es gibt keine Gemeinschaftsvorschriften in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Grenzgängern

Es gibt auf Gemeinschaftsebene keine Rechtsvorschriften, in denen der Begriff des Grenzgängers unter steuerlichen Gesichtspunkten definiert ist und wie dementsprechend die Besteuerungsrechte zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten aufzuteilen oder die Steuervorschriften anzuwenden wären.

Benachbarte Mitgliedstaaten, zwischen denen ein reger Arbeitnehmer-Grenzverkehr herrscht, regeln Angelegenheiten im Zusammenhang mit Grenzgängern häufig in ihren bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen.

Da diese Regelungen den spezifischen Verhältnissen zweier Mitgliedstaaten Rechnung tragen und sich aus einschlägigen Verhandlungen ergeben, unterscheiden sich die Doppelbesteuerungsabkommen sowohl hinsichtlich der Definition der Grenzgänger selbst als auch hinsichtlich der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten. Normalerweise gelten die besonderen Regelungen für Grenzgänger nur für Personen, die in Grenznähe wohnen und abhängig beschäftigt sind, teilweise beziehen sie sich sogar nur auf Beschäftigte in der Privatwirtschaft (d.h. sie gelten nicht für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes).

Die Einkünfte eines Grenzgängers werden - je nach Abkommen - in einem der Mitgliedstaaten oder in beiden besteuert. In letzterem Falle wird die im Mitgliedstaat der Beschäftigung gezahlte Steuer bei der Ermittlung der Steuerschuld im Mitgliedstaat des Wohnsitzes in der Regel berücksichtigt, um Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Es gibt keinerlei Bestimmung, die gewährleistet, dass der Grenzgänger Anspruch auf die für ihn günstigere steuerliche Regelung der beteiligten Mitgliedstaaten hätte (vgl. Urteil des EuGH in der Rechtssache Gilly, C-336/96, Randnummer 46).

Grenzgänger und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung

Besteuerung im Mitgliedstaat des Wohnsitzes

Die im EG-Vertrag verankerten Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot bedeuten, dass Grenzgänger in ihrem Wohnsitzstaat nicht diskriminiert werden dürfen, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten.

Unterliegt das Einkommen der betreffenden Person aus abhängiger oder selbständiger Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Besteuerung in ihrem Wohnsitzstaat, so müsste sie normalerweise ihre Kosten im Zusammenhang mit der Beschäftigung oder persönliche Kosten in gleicher Weise im Wohnsitzstaat steuerlich absetzen können wie wenn sie in diesem Staat arbeiten würde. Dies betrifft beispielsweise Fahrtkosten, im Mitgliedstaat der Beschäftigung gezahlte Sozialbeiträge, Aufwendungen für Kinderbetreuung, Rentenversicherung usw.

Besteuerung im Mitgliedstaat der Beschäftigung

Aus der Sicht des Mitgliedstaates der Beschäftigung fällt ein Grenzgänger unter die große Kategorie der gebietsfremden Beschäftigten, d.h. derjenigen Beschäftigten, deren steuerlicher Wohnsitz in einem anderen Land liegt.

Gemäß Artikel 39 und Artikel 7 der Verordnung (EG) 1612/68, sollen nichtansässige Arbeitnehmer die gleichen steuerlichen Vorteile wie ansässige Arbeitnehmer. Steuerliche Vorteile, die auf der persönlichen oder familiären Situation des nichtansässigen Arbeitnehmers beruhen, sollen solange gewährt werden, wie die Verhältnisse des nichtansässigen Arbeitnehmers mit der des ansässigen Arbeitnehmers vergleichbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Situation von Gebietsansässigen und Gebietsfremden nicht grundsätzlich die gleiche, weshalb eine unterschiedliche steuerliche Behandlung nicht unbedingt eine Diskriminierung darstellt.

Befindet sich jedoch ein gebietsfremder Beschäftigter, auch ein Grenzgänger, wirklich in der gleichen Situation wie ein gebietsansässiger Beschäftigter (z.B. weil er sein gesamtes Einkommen oder den größten Teil davon in dem betreffenden Staat erzielt), so darf er im Mitgliedstaat der Beschäftigung steuerlich nicht schlechter gestellt werden als ein in diesem Mitgliedstaat ansässiger Beschäftigter. Nationale Vorschriften, die die Abziehbarkeit von Kosten und Aufwendungen vom steuerbaren Einkommen ausschließen, sind nicht zulässig, wenn die Kosten und Aufwendungen in direktem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit stehen, die zu dem steuerbaren Einkommen geführt hat.

Empfehlungen der Kommission betreffend gebietsfremde Beschäftigte von 1993

Am 21. Dezember 1993 erließ die Kommission die Empfehlung 94/79/EG betreffend die Besteuerung bestimmter Einkünfte, die von Nichtansässigen in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes erzielt werden.

In der Empfehlung wird den Mitgliedstaaten ein gemeinschaftlicher Ansatz für die Besteuerung der Einkünfte von gebietsfremden Beschäftigten vorgeschlagen. Das wichtigste Element der Empfehlung ist, dass Gebietsfremde die gleiche steuerliche Behandlung erfahren sollten wie Gebietsansässige, wenn sie mindestens den überwiegenden Teil ihres Gesamteinkommens in dem betreffenden Mitgliedstaat erzielen. Der Mitgliedstaat des Wohnsitzes könnte in diesem Fall die persönlichen Steuervergünstigungen des Betreffenden entsprechend kürzen, um zu verhindern, dass sie doppelt in Anspruch genommen werden.

Rechtsprechung des EuGH betreffend Grenzgänger

Die Grundzüge der Empfehlung hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache Schumacker (C-279/93) weitgehend bestätigt. Dies gilt auch für spätere Urteile, wie z.B. in den Rechtssachen Gschwind (C-391/97), Zurstrassen (C-87/99), Gerritse (C-234/01), Wallentin (C-169/03), und Meindl (C- 329/05). Der Rechtssache Gschwind ist zu entnehmen, dass Nichtansässige, die 90% oder mehr ihres Gesamteinkommens im Beschäftigungsstaat erwerben normalerweise die gleiche steuerliche Behandlung wie Ansässige erfahren sollten.

Weitere Informationen über die Einkommensteuersysteme der einzelnen Mitgliedstaaten und die zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen können über folgende Website abgerufen werden.